Wie bereits beim ersten Post im Frühjahr angekündigt, geht die Liste an Dingen, auf die ich in meinen Dreißigern verzichten kann, weiter. Das schöne am Älterwerden ist, dass frau bereits auf Erfahrungswerte zurückgreifen kann und vielleicht auch mehr reflektiert, was zur eigenen Persönlichkeit passt und worauf gerne verzichtet wird. Manchmal muss ich den Kopf schütteln, wenn ich an mein Verhalten und meine Prioritäten in den Zwanzigern denke, aber alles braucht Zeit und im Endeffekt macht es richtig viel Spaß, sich selbst immer besser kennenzulernen und auf die eigene Entwicklung zurückzublicken. Vielleicht könnt ihr euch mit ein paar Punkten identifizieren und euch darin bestätigt fühlen, dass Veränderung sehr schön sein kann.
Durchschnittliche Hotels
Nie, wirklich nie, habe ich es im letzten Jahr bereut, mehr Geld für ein Hotel ausgegeben zu haben, als im ersten Moment angemessen erschien. Aus Studienzeiten hatte sich ein böses Muster eingeschlichen, das Hotels nach Preis und nicht nach Bewertung sortieren ließ und viele Male hatte ich bei Kursen oder auch im Urlaub in Zimmern geschlafen, in denen ich mich schlicht unwohl fühlte. „Es ist ja nur für die Nacht“, „wir halten uns kaum dort auf“, „reine Geldverschwendung“ waren die Gedanken, aber für mich gehört ein schönes Hotel zum Wohlfühlfaktor dazu und dieses Jahr habe ich es endgültig abgelegt, in mittelmäßigen Hotels zu übernachten. Gerne würde ich bei ein paar Urlauben die Zeit zurückdrehen, vor allem in den Ländern, in denen es sowieso unverschämt günstig war, und mir schöne Zimmer ohne Schimmel an der Decke oder durchgelegene Betten leisten, aber gut Ding braucht Weile.
Natürlich gibt es absolut absurde Hotelpreise, die weit außerhalb meiner Liga sind, aber oft geht es gar nicht darum, mehr Geld auszugeben, sondern die Prioritäten zu ändern. Für mich muss ein Hotel inzwischen zentral und gut zu Fuß erreichbar liegen, es muss sich in einem Viertel befinden, das sicher und belebt ist und es muss eine sehr gute bis hervorragende Bewertung haben. Wenn diese Kriterien erfüllt sind, schaue ich mir die Zimmer an und entscheide, wo ich mich am meisten wohlfühlen würde. Im Endeffekt ist das Hotel dann vielleicht 50 bis 70 Euro teurer als geplant, aber es bleibt auch in guter Erinnerung und trägt zur Entspannung und zum Wohlbefinden bei und das ist es auf alle Fälle wert.
Miese Socken
Was für ein leidiges Thema, das mich nun schon viele Jahre begleitet. Socken, die wohl unwichtigste Sache im Kleiderschrank und trotzdem essentiell. Leider habe ich noch keine Marke und kein Modell gefunden, von dem ich wirklich zu hundert Prozent überzeugt bin, aber mit den Jahren finde ich es immer noch furchtbarer, wenn Socken fusseln, rutschen, schnell löchrig werden oder sich kratzig anfühlen. Ich muss gestehen, dass ich noch nicht besonders lange selbst Socken kaufe, irgendwie waren immer welche da, weil meine Omas uns zu den Feiertagen immer mit welchen beschenkt hatten. Damals wusste ich das noch nicht wirklich zu schätzen und vermutlich hatte ich auch nicht auf den Komfort an den Füßen geachtet.
Inzwischen bin ich gerne bereit, mehr Geld für Socken auszugeben, die aus reiner Baumwolle und bequem sind und sich vor allem lange halten. Vor zwei Wochen dachte ich, endlich das perfekte Paar gefunden zu haben, aber leider fusseln sie nach dem ersten Waschgang. Die Suche geht weiter, mit schlechten Socken möchte ich mich in Zukunft aber definitiv nicht mehr herumschlagen.
Passiv-aggressives Verhalten
In meinen Zwanzigern war ich praktisch die unangefochtene Queen des passiv-aggressiven Verhaltens. Böse Blicke, Nachrichten ohne Emojis, die Tür etwas zu laut zugemacht, kurz angebundener Befehlston und meine persönliche Spezialität: schweigen. Im Endeffekt wollte ich nur eines – Aufmerksamkeit – und die Bestätigung, dass es der anderen Person ja doch wichtig ist, wie es mir geht. Natürlich wollte ich ebenso meinen Kopf durchsetzen, mein Gegenüber bestrafen und Entschuldigungen erzwingen anstatt zu reflektieren.
Viele Male hab ich mich richtig mies verhalten und gar nicht gemerkt, dass ich mir selbst eigentlich am meisten mit meiner Strategie schade und Emotionen dadurch auf der Strecke bleiben. Wie schön ist es inzwischen, dass ich Dinge gleich ansprechen kann anstatt alles stundenlang in mich hineinzufressen und dann patzig ohne Erklärung durchs Leben zu stampfen. Es klappt natürlich noch nicht immer, aber immer öfter und mir geht es bei Konflikten im Vergleich zu früher so viel besser.
Umso weniger kann ich daher inzwischen mit passiv-aggressivem Verhalten von anderen umgehen. Ich hasse es, wenn ich einen blöden Unterton wahrnehme, reservierte Nachrichten verschickt werden oder eine dramatische Story mit „tieferer“ Bedeutung gepostet wird. Unterschwellige Konflikte entsprechen mir einfach nicht mehr und immer mehr schaffe ich es, mich dann zu distanzieren und die miese Stimmung beim Gegenüber zu lassen.
UGG Boots & Beanies
Warum sich Uggs nach so vielen Jahren noch immer an den Füßen der Menschen halten, ist mir ein Rätsel, spätestens zusammen mit der Skinny Jeans hätten sie wohl verabschiedet werden sollen. Früher hatte ich immer mit einem Paar geliebäugelt, weil sie einfach im Trend waren und an jeder Ecke und in allen Farben zu sehen waren. Egal ob bequem, fein warm oder en vogue, ich finde sie optisch einfach ganz furchtbar und lasse diesen Dauertrend gerne aus. Das gleiche gilt für Beanies. Ich weiß, dass alle Hipster:innen ihre Kopfbedeckung draußen sowie auch drinnen in allen erdenklichen Nuancen präsentieren und das mich das Verweigern von Beanies und meine präferierten Stirnbänder zur fleischgewordenen Anti-Hipsterin machen, aber ich sehe keinen Sinn darin, meine Ohren kalt und meine Haare fettig werden zu lassen, nur um der Mehrheit anzugehören. Zwei Trends und eine Entscheidung – nein Danke!
Schlechter Sex
Tja, das ist jetzt wohl mein ganz persönlicher Carrie-Bradshaw-Moment, lange habe ich mich vorm Thema Sex gedrückt, aber was angesprochen werden muss, muss angesprochen werden. Je mehr ich mich mit Freundinnen unterhalte und Geschichten von Frauen höre oder lese, desto klarer wird eine Erkenntnis: Schlechter Sex hat in den Dreißigern keinen Platz verdient. Klingt eigentlich sonnenklar, aber es möge jede einmal die Hand heben, die sich noch nie gedacht hat, dass sie sich diese Bettgeschichte hätte sparen können.
Klar kann Sex nicht mit jedem von Anfang an gut sein, One-Night-Stands sind sowieso meistens eine Katastrophe und hin und wieder scheitert es auch an der anatomischen Kompatibilität, aber ganz oft hab ich in der Vergangenheit nicht genug kommuniziert und vor allem gefallen wollen anstatt Bedürfnisse zu äußern. Ebenso oft habe ich nicht auf meine eigenen Stimmung gehört und Avancen nachgegeben, obwohl ich lieber Netflix geschaut und die Nachos fertig gefuttert hätte.
Guter Sex ist in den meisten Fällen richtig viel Arbeit und vor allem mühsam, weil Männer eben anders ticken, Lust anders empfinden und vor allem oft von pornösen (gibt’s – ich habs nachgeschaut) Rein-Raus-Vorstellungen geprägt sind. Es läuft auf eines hinaus, ohne Kommunikation und Konditionierung wird’s nicht besser. Ich möchte gar nicht wissen, wie oft ich schon das Wort „langsamer“ im Bett formuliert habe, es nimmt kein Ende und langsam erwische ich mich dabei, auch etwas zynisch zu werden. Wenn sich das Gegenüber keine Mühe gibt oder nicht auf meine Bedürfnisse eingeht, dann war’s das für mich, ohne Pardon und ohne schlechtes Gewissen. Für Egomanen habe ich weder im Alltag noch im Schlafzimmer Zeit und Nerven, ebenso für miesen Sex, ganz ehrlich, lieber mach ich zwanzig Minuten Yoga als mich durch ein krampfhaftes Liebesspiel zu quälen. Die Dreißiger sind dafür da, noch mehr auf die eigenen Bedürfnisse zu hören, die eigene Wahrheit zu sprechen und klare Grenzen zu setzen, wenn sich etwas oder jemand nicht stimmig anfühlt.
Voilá – das waren weitere 5 Dinge, auf die ich im dritten Jahrzehnt getrost verzichten kann. Es lohnt sich, immer wieder die eigenen Ansprüche zu hinterfragen und auch zu verteidigen. Die Wochen, Monate und Jahre vergehen so schnell, daher sollten wir uns alle ausreichend umsorgen und nicht mit Menschen und/oder Dingen abgeben, die uns nicht entsprechen. <3
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