Ich bin seit wenigen Wochen 35 und den Großteil meiner Dreißiger habe ich als Singlefrau verbracht. Die Zeit allein und speziell das letzte halbe Jahr, in dem ich unterwegs und weit weg von meinem Alltag und gewohnten Mustern war, haben ein wenig Klarheit mit sich gebracht und gezeigt, was ich mir zwischenmenschlich wünsche. In vergangenen romantischen Beziehungen, sei es jetzt ein fixer Freund oder eine Solala-Geschichte (aka er wollte sich nicht festlegen), hab ich ganz schön viel hingenommen und meine eigenen Wünsche und Bedürfnisse hintenangestellt. Heute möchte ich über Dinge reflektieren, die ich definitiv nicht mehr akzeptieren würde und als Red Flag ad acta legen kann.
1) SCHLECHTE KOMMUNIKATION
Erfolgreiche Kommunikation, das Thema, das mich wohl seit jeher verfolgt. Wie vermutlich einige von euch bin ich in einer Familie aufgewachsen, in der schlecht kommuniziert, wenig klar ausgesprochen und vieles einfach unter den Teppich gekehrt wurde. Folglich hab ich natürlich auch mies meine Bedürfnisse kommuniziert und in einer Schleife aus Erwartungen, Enttäuschungen, passiv aggressivem Verhalten und beleidigtem Rückzug gelebt. Es hat unzählige Therapiestunden, einige Bücher und eine ganze Menge Arbeit an mir selbst gebraucht, um meine Muster zu entdecken und neue Strategien zu etablieren. Inzwischen behaupte ich, dass ich sehr gut kommuniziere und mir erst durch diesen eigenen Wandel bewusst geworden ist, wie wichtig mir ein verbaler Austausch in einer Beziehung ist und wie wenige Männer diesen beherrschen.
Klar Wünsche artikulieren, Probleme ansprechen, Gefühle teilen oder einfach nur Pläne zum Ausdruck bringen, eine gute Kommunikation ist für mich die Quintessenz einer Beziehung und ich bin nicht mehr gewillt, Männer die das „leider nicht besser können“ zu daten. Viel zu oft hab ich in der Vergangenheit die Gesprächstherapeutin gespielt, mich mit einem Minimum an Gesprächskultur begnügt und Einzeiler in Nachrichten hingenommen.
2) 80 / 20 Verhalten
Wie oft ich Frauen zuhöre, die klagen, dass der Partner nichts aus Eigeninitiative macht. Klar, wenn frau dann fordert und Aufträge erteilt, passiert es irgendwann doch, aber der Mental Load bleibt dann eben wieder bei einer Person hängen. Ich bin äußerst gefährdet, die Organisation in Beziehungen zu übernehmen und dafür zu sorgen, dass alles rund läuft. Ich plane dann Wochenenden im Voraus, räume auf, mach schnell die Wäsche, weil ich grad Zeit habe etc.
In der Vergangenheit war mir das nie so klar, aber minimale Initiative von Seiten des Mannes hat zu stillem Frust meinerseits geführt. Die Männer haben dann immer argumentiert, dass sie eh auch etwas tun, schon noch getan hätten, einfach spontan seien oder ihnen dieser Aspekt nicht wichtig sei. Das sind alles Beschönigungen für fehlende Beziehungsverantwortung und mangelndes partnerschaftliches Verhalten. Jemand, der nicht eigenständig Aufgaben innerhalb einer Beziehung übernimmt, kommt für mich nicht mehr infrage, dafür sind mir meine Zeit und meine Ressourcen zu schade.
3) Fehlende Intimität
Intimität hat viele Gesichter, Berührungen im Alltag, Küsse, Sex, aber eben auch Gespräche, in denen etwas vor der anderen Person preisgegeben wird. Ich bin die erste, die die Hand heben muss, wenn es um Eisprinzessinenverhalten geht. In meinen Zwanzigern hab ich weder Ängste noch Probleme mit Partnern geteilt, es blieb alles eher an der Oberfläche und Intimität wurde für mich meist körperlich ausgelebt. Was resultiert daraus? – ja, zwei kommen sich nicht näher und eine Beziehung kann nicht wachsen. Jede hat die Freundin, mit der es immer nett ist, aber der wir nicht erzählen, was uns gerade wirklich beschäftigt, es bleibt für immer die gleiche Dynamik, nett aber nicht tiefergehend.
Männer, die nicht über ihr Inneres reden können und auch nicht gewillt sind, das zu lernen, sind für mich eine wandelnde Red Flag, weil langfristig gesehen, fehlende emotionale Intimität nur zu einem unterkühltem Ende führen kann.
4) Unzuverlässigkeit
Mein Steckenpferd: Ich HASSE Unzuverlässigkeit, ich sag’s auch gern noch zehnmal. Dass das mit meiner Geschichte zu tun hat, ist mir sonnenklar, aber es ändert nichts an der Tatsache, dass ich Menschen in meinem Leben brauche, die zuverlässig sind. Auf Worte müssen Taten folgen, Versprechungen dürfen nicht leer bleiben und wenn mir jemand etwas in Aussicht stellt, dann erwarte ich, dass es genau so passiert. Hier gibt’s nichts mehr hinzuzufügen und ich bin inzwischen schon bei den winzigsten Details an der Decke. Das Tinder-Date schreibt, dass er sich am Montag meldet, aber schreibt erst am Dienstag, sorry, das war’s praktisch schon.
Das mag jetzt penibel klingen, aber das ist eben diese eine Sache, die mich wirklich sehr (sehr, sehr) unglücklich macht und hier will ich nicht einmal den kleinsten Kompromiss eingehen.
5) Mangelnder Applaus
Viele Jahre lang habe ich meine Erfolge klein gehalten und nicht von Partnern erwartet, dass sie mich anfeuern, mir sagen, dass sie stolz sind oder in der ersten Reihe sitzen, wenn ich auf der Bühne stehe. Warum? – ehrlich gesagt, keine Ahnung, vermutliche weibliche Intuition, dass das männliche Ego fragil ist. Stundenlang hab ich mir angehört, wie toll Exen alles machen (die eine Sache, die Männer gut kommunizieren), hab aufmerksam zugehört, gelobt und interessiert Fragen gestellt. Ich finde es wichtig, die Erfolge des anderen in einer Beziehung zu feiern und viel zu oft hab ich abfällige Bemerkungen hingenommen, weil die andere Seite eifersüchtig oder mit sich selbst unzufrieden war. Wer sich nicht mit mir und für mich freuen kann, mir applaudiert, wenn ich etwas geschafft habe und mein größter Fan ist, hat für mich kein Beziehungspotenzial mehr.
6) Nur wenn's leicht geht Attitüde
Ein Punkt, den ich vor allem in der Kennenlernphase als sehr kritisch erachte. Männer, die immer nur für dich Zeit haben, wenn gerade sonst nichts am Plan steht. Er gibt dir die Randzeiten, kleine Zeitfenster und geht nie einen Schritt auf dich zu? Red Flag! Auch hier habe ich meine Erfahrungen gesammelt und jemand, der nicht bereit ist, Zeit und Energie in mich zu investieren, sich immer nur zuhause treffen möchte und generell „bitte kein Drama“ möchte, ist vermutlich eines: nicht der Richtige.
Ich mag ein aufwendiges Leben, ich geh gern den extra Meter, um den besseren Ausblick zu haben und das brauche ich auch von einem potenziellen Partner.
Nun, ich glaube es versteht sich von selbst, dass du nichts erwarten kannst, was du nicht selbst bereit bist zu geben. Du bist selbst unzuverlässig? – dann ist dir das vermutlich beim Gegenüber auch nicht wichtig. Ich glaube es ist essentiell, sich der eigenen Vorstellungen, Erwartungen und des eigenen Potenzials in Beziehungen klar zu werden und dann dementsprechend Grenzen zu setzen und Forderungen zu stellen.
Beispiel von letzter Woche: Ich hab einem Typen auf Bumble eine schöne Nachricht geschrieben, ihm eine Frage gestellt und dann sogar noch vorgeschlagen, dass wir uns in einem Cafe treffen könnten, um uns persönlich kennenzulernen. Seine Antwort war und ich zitiere wortwörtlich: „Na klaro, können wir gerne machen!“ Tja, alles gesagt, würde ich sagen und ich musste wirklich laut lachen, weil das nicht ansatzweise meinem Kommunikationsstandard entsprochen hat und ich es so deutlich sehen konnte. Früher hätte mich diese Vagheit vermutlich angezogen (Muster aufarbeiten!), heute hab ich den Herren ohne Kommentar gelöscht. Die Dreißiger, das beste Alter, um die Richtigen zu daten.
Fühl ich, aber als Mann. Danke für den Beitrag. Man redet es sich im Nachgang immer schön oder gibt sich selbst die Schuld - zu hohe Ansprüche, da konnte sie ja nur versagen. Nun: ich erwarte nicht, was ich nicht selbst zu geben bereit bin. Vielleicht war es einfach nur nicht genug.