Ich hatte schon viele Dates in meinem Leben, schätzungsweise an die fünfzig, die meisten sicher in meinen Singlephasen in den Zwanzigern und vermutlich alle davon ohne die Intention, einen für mich passenden Partner zu finden. Im Vordergrund standen Spaß und auch Bestätigung, ich hab gerne Männer kennengelernt, meinen Wert abgecheckt und bin dann weiter zum nächsten. Meine größte Sorge war dabei immer zu gefallen (wer hätte das gedacht? – Schocker) und die jeweiligen Männer von meinen Qualitäten zu überzeugen.
Jetzt, in den Dreißigern, und vor allem nach einer zweijährigen Pandemie inklusive wöchentlicher Therapie sind meine sozialen Ressourcen eher beschränkt und bei Dates stehen zum ersten Mal meine Bedürfnisse im Vordergrund. Wir kennen sie natürlich alle, die zahllosen Ratgeber in diversen Frauen(feindlichen)zeitschriften, die uns einreden, was wir beim ersten Date alles zu tun und unterlassen haben, um das starke (!) Geschlecht nicht zu verschrecken und ebendiese habe ich als Inspiration genommen, um mit Ratschlägen der etwas anderen Art zu unterstützen.
FIRST THINGS FIRST
In den letzten Jahren bin ich zu vielen Dates gegangen, bei denen ich eigentlich im Vorfeld schon wusste, dass es sinnlos sein wird. Entweder, weil der Wohnort nicht gepasst hat oder weil aus der schriftlichen Kommunikation klar wurde, dass wir keinerlei Gemeinsamkeiten haben oder auch, weil ich mich optisch überhaupt nicht angezogen gefühlt habe. Hin bin ich trotzdem, weil ja immer der kleine Funken Hoffnung besteht, dass es doch „der Richtige“ sein könnte. Gerade gestern hatte ich ein Date mit einem Briten, der in Innsbruck wohnt, eigentlich wusste ich, dass ich ihn uninteressant finde, aber die Nachrichten waren nett und der Kaffeevorschlag sehr explizit.
Ich finde es auch okay willkürlich zu daten, solange gewisse Ansprüche erfüllt werden, kann frau alles als Übung ansehen. Was ich hingegen nicht mehr durchgehen lasse, sind „jetzt in der Stadt?“ Nachrichten um 22:35 und Typen, die es mit der Verlässlichkeit nicht so ernst nehmen. Auch habe ich diese Woche schon ein Date abgesagt, weil ich müde war und absolut keine Lust hatte, noch einmal rauszugehen, auch das ist völlig legitim. First things first: Du und deine Bedürfnisse stehen im Mittelpunkt.
ORT & ZEIT
Inzwischen bestimme ich Ort und Zeit bei meinen Dates. Warum? Weil ich a) immer viel zu tun habe, b) die Dates in meinen Alltag integrieren möchte und c) zumindest der Kaffee gut sein soll, falls der Mann mich nervt. Ganz generell finde ich einen Kaffee in der Stadt fürs erste Date die allerbeste Option, ebenso einen unkomplizierten After-Work-Drink am frühen Abend unter der Woche. Ich mag meine Wochenenden nur ungern mit fremden Menschen verbringen und noch weniger mag ich mich auf irgendein Treffen, das über eine Stunde hinausgeht, einlassen.
„Ein Ausflug ins Grüne“ mag in der Brigitte nett klingen, ist halt kacke, wenn du dann plötzlich mit einem Fremden im Auto sitzt und der Vibe von der ersten Minute an nicht stimmt. Wenn ich zu einem Kaffeedate gehe, dann sage ich auch gleich, dass ich in einer Stunde zu einem Termin muss und bei Drinks mache ich dem Gegenüber klar, dass ich noch eine Essenseinladung am Abend habe, ob das dann stimmt oder nicht, sei dahingestellt. Eine Stunde mit einem tollen Mann ist großartig und eine Stunde mit dem „falschen“ Mann ist verkraftbar. Für dich muss es passen, alles andere ist egal.
VORBEREITUNGEN
Dieser Punkt ist denkbar einfach, weil du einfach nichts machen musst. Ich hab mich die letzten Male selbst erwischt, dass ich ich mir Gedanken gemacht habe, ob ich meine Nägel noch einmal neu streichen sollte, meine Beine glatt genug sind, meine Haare gewaschen gehören oder ob ich noch schnell die aktuellsten Nachrichten lesen muss. Nope! Was du ebenfalls nicht tun musst, ist Ratgeber lesen (außer meinen, hehe) und/oder über mögliche Gesprächsthemen nachdenken.
Wovon ich aber im Vorfeld definitiv abraten würde, ist die andere Person im Internet zu stalken und mit überhöhten Erwartungen zu einem ersten Date zu gehen. Ziemlich sicher wartet dort nämlich nicht dein Traummann auf dich, vermutlich wirst du den Typen sogar nie wieder sehen und deine Enttäuschung ist geringer, wenn du dir vorher nicht Luftschlösser malst und das kommt von der Queen der Luftschlösser. Ich kann mich sehr in ein Bild und Szenario reinsteigern und bin dann einfach maßlos enttäuscht, wenn die Realität anders aussieht. Im Moment gehe ich mit einer „Fix nix“-Attitüde zu Dates, was dazu führt, dass ich sehr entspannt und im Nachhinein gefasst bin, sollte es ein Reinfall sein.
DER ERSTE EINDRUCK
„Was könnte ihm gefallen?“ und „Wie lässt mich das wirken?“ waren allzu oft meine Gedanken bei der Outfitwahl. Diese Woche habe ich mich bei der Nase genommen und mich gefragt, was mir am besten entspricht. Ich trage gerne schöne Sachen, warum sollte ich downgraden, nur um nicht als Modetussi eingestuft zu werden? Warum sollte ich auf Schmuck verzichten, wenn er ein Ausdruck meiner Persönlichkeit ist! Ich empfinde das noch immer als sehr schwer, aber am besten ziehst du das an, was du zu einem Treffen mit deiner besten Freundin anziehen würdest.
Und dann, dann gilt es hinzugehen und die Perspektive zu wechseln. Wie du ankommst, ist nämlich vorerst egal, wichtig ist, wie er bei dir ankommt. Viel zu oft habe ich gar nicht hinein gehört, ob ich mich wohl fühle oder ob ich seine Ausstrahlung und seine Art mag, weil ich massiv damit beschäftigt war darüber nachzudenken, wie ich auf ihn wirke und was zu tun ist, um noch mehr zu überzeugen. Er muss in erster Linie dir gefallen, nicht umgekehrt.
DIE GESPRÄCHSTHEMEN
Ich liebe ja die Ratgeber, die davon abraten, über schwierige Themen und/oder Beziehung zu sprechen, weil Männer das überfordert. Persönlich empfinde ich nichts eine größere Zeitverschwendung, als über Belanglosigkeiten zu labern und nichts über die andere Person zu erfahren. Ich will wissen, was er sich von seiner Zukunft erhofft, was seine Ziele sind, was ihn ärgert, was ihn glücklich macht und was er vor allem gerade romantisch sucht.
Ich hab bei Dates schon über meinen Exfreund gesprochen, über Beziehungserwartungen und über gesellschaftliche Missstände, die mich beschäftigen, alles gehört zu mir und macht mich aus. Umgekehrt mag ich es genauso gerne, wenn jemand Einblicke in sein Inneres gibt. Niemand muss gleich beim ersten Date sein Kindheitstrauma auspacken, aber ich kann sehr wohl erzählen, was mir in meiner letzten Beziehung gefehlt hat. Wenn sich alle ein bisschen zeigen, gibt es mehr zu sehen.
DER ABSCHIED & DAS DANACH
Wenn du vorher den zeitlich Rahmen festgelegt hast, ist der Abschied, egal wie das Date verlief, denkbar einfach. „Ich muss jetzt leider los“, zahlen, aufstehen und gehen – easy. Wenn du nicht besonders glücklich mit der letzten Stunde warst, musst du auch kein „nett war’s“ hinzufügen. Letztens habe ich nicht einmal von einer weiteren Nachricht gesprochen, sondern ziemlich deutlich signalisiert, dass von mir nichts mehr kommt. Manchmal bin ich mir nicht ganz sicher und möchte eine Nacht drüber schlafen, dann verabschiede ich mich mit einem „ich melde mich bei dir“ und schreib dann im Fall, ob ich mich noch einmal treffen möchte oder nicht.
Wenn das Treffen wirklich schön war, lohnt es sich vielleicht gleich ein weiteres auszumachen oder Nummern auszutauschen. Wenn beide authentisch waren, sind die Empfindungen vermutlich ähnlich. Es kann auch vorkommen, dass das erste Date super und das zweite eine Katastrophe ist oder umgekehrt. Ich glaube, dass es wichtig ist, hier deiner Intuition zu folgen und ein weiteres Treffen nicht von dem Wunsch des anderen abhängig zu machen. Das A und O ist einfach, dass du dich mit jeder deiner Handlungen wohl fühlst und deine zeitlichen und emotionalen Ressourcen Menschen zugestehst, die dir ein gutes Gefühl geben.
Daten ist ein Spiel mit sehr gemischten Karten, manchmal wird’s schön, manchmal recht unangenehm, aber ohne Treffen lernt frau eben niemanden kennen. Ich hatte jetzt wieder ein paar Flops, so ist es halt, trotzdem mach ich weiter und seh das Ganze mit einer ordentlichen Portion Humor.
Im Moment sitze ich am Feiertag auf meinem Balkon, die Sonne scheint auf meine Füße, es ist kurz nach Mittag und ich hab mir einen London Mule gemacht, weil das Leben schön ist und ich als Single häppipäppi bin. Drei meiner Hauptschulfreundinnen haben dieses Wochenende geheiratet, ich muss mich mit Dates herumschlagen, so ist es halt und so wird es vermutlich auch noch einige Zeit bleiben. Das ist bittersüß, aber es wird immer süßer, weil ich immer noch mehr bei und mit mir bin.
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