Zeit mit mir selbst verbringen konnte ich schon immer gut, ich hab viele Hobbys und Leidenschaften, denen ich am liebsten ganz für mich nachgehe. Sei es Flöte spielen, laufen, backen, shoppen, lesen und schreiben oder auch Schubladen sortieren, Pläne schmieden, Outfits ausprobieren und Inspirationen suchen, alle diese Dinge mache ich am liebsten alleine. Aber, und das ist vermutlich der Trick dabei, diese Aktivitäten finden entweder in meinen eigenen vier Wänden statt oder in der Natur bzw. in einem sehr anonymen Umfeld. Ich war schon oft alleine auf Reisen, berufsbedingt, und hab mich in fremden Städten nie komisch dabei gefühlt, mit mir selbst essen zu gehen oder mich in ein Café zu setzen, zuhause sieht die Sache jedoch anders aus.
Denn, so wurde mir neulich bewusst, ich hab Angst vor den Blicken, den Gedanken der anderen, den Schubladen, in die ich gesteckt werde, dem Mitleid (sehr überspitzt!), dass jemand anderer für mein Singledasein haben könnte. Die eine, die niemanden hat. Die Wahrheit ist, es gibt einfach viele Tage besonders an den Wochenenden, an denen Freundinnen bereits verplant sind und ich auf mich selbst gestellt bin. Also habe ich es mir zur Aufgabe gemacht, mich selbst auf Dates auszuführen und mich Situationen auszusetzen, die in meinem Kopf sehr unbequem sind und definitiv meine Komfortzone herausfordern. Da Babysteps immer eine gute Idee in Lernprozessen sind, habe ich mit leichteren Aktivitäten angefangen, die trotzdem Neuland waren.
OPEN-AIR KINO IM ZEUGHAUS
Ich kann mich gar nicht mehr erinnern, wann ich das letzte Mal im Kino war, aber vermutlich irgendwann im Herbst / Winter 2019. Seit die Lockdowns begonnen hatten, habe ich jedenfalls keinen Film mehr auf der großen Leinwand angeschaut und obwohl ich generell keine regelmäßige Kinobesucherin bin, mag ich es hin und wieder ganz gerne. Nun, es war ein sehr warmer Tag, dieser 10. August und der Abend schrie förmlich nach Open-Air Kino. Ich war gerade auf dem Weg nach Hause von einem Treffen mit einer Freundin, als ich spontan beschloss, mit mir selbst ins Kino zu gehen, Jojo Rabbit (große Empfehlung) stand am Spielplan. Für manche mag das jetzt kein großes Ding sein, aber ich war noch nie in meinem Leben alleine im Kino und der Gedanke daran, hat eine gewisse Angespanntheit ausgelöst, aber ich wollte ja über mich hinauswachsen.
Schuhe an, rauf aufs Rad und los. Das Anstehen war schon die erste Überwindung, es war ein lange Schlange und ich musste alleine stehen. Ticket gekauft und dann kam die richtig große Herausforderung, reingehen, Blicke spüren und alleine einen Platz nur für mich finden. Angenehm ist etwas anderes, aber ich hab ein Plätzchen für mich entdeckt, mir ein Gläschen Vino geholt und dann geduldig fast eine halbe Stunde auf den Filmbeginn gewartet, ohne auf mein Handy zu starren und ohne so zu tun, als ob noch jemand kommen würde. Alles andere war easy peasy, einen Film alleine anzuschauen ist genau so spannend oder nicht spannend wie zu zweit.
Fazit, ich hatte eine gute Zeit mit mir selbst. Kino alleine ist ab jetzt keine Herausforderung mehr und der schwierigste Teil ist wohl mit Sicherheit das Platz finden und das Kopfkino (sorry), das sich bei mir abgespielt hat. Am meisten hatte ich Angst, dass ich jemanden kenne und die oder der dann weiß, dass ich alleine ins Kino musste, weil ich weder Freundinnen noch Freund habe. Das ist natürlich völliger Blödsinn, aber der Alte-Jungfer-Stempel löst ordentlich Stress in mir aus. Dennoch geschafft ist geschafft und beim zweiten Mal geht's dann schon viel leichter.
RADTOUR AUF DIE RUMER ALM MIT EINKEHR
Radtouren habe ich in der Vergangenheit schon viele alleine gemacht, überhaupt empfinde ich Sport alleine als sehr angenehm, aber wenn ich alleine unterwegs bin, kehre ich nie irgendwo ein, zu zweit mache ich das hingegen sehr gerne, schon alleine weil ich Knödel über alles liebe. Das sollte sich ändern, also habe ich mich unter der Woche am späteren Nachmittag aufs Rad gesetzt und mich auf die Rumer Alm gequält. Oben angekommen, war es wieder eine ähnliche Situation, ich musste mir alleine einen Platz suchen und dieses Mal waren die Blicke wirklich zu spüren. Ich war ganz offensichtlich alleine da, hab mir einen Tisch in der Abendsonne gesucht und einen Radler und Kaspressknödel bestellt. Viele waren alleine auf der Alm und haben gegessen, aber eben nur Männer 50 plus und vielleicht ist genau hier das Problem: Ich sehe nie Frauen alleine auf einer Alm und schon gar nicht in meinem Alter.
Im Endeffekt war die Almeinkehr halb so schlimm, es ist aber auch eine relativ ruhige Alm und unter der Woche war nicht wirklich viel los, dennoch hatte ich in den ersten Minuten ein mulmiges Gefühl. Am Ende war ich stolz und vor allem wieder lebensfähig für die Abfahrt, auch meine Knödel werde ich in Zukunft hin und wieder alleine bestellen.
KAFFEE IM CREMA OHNE HANDY
Ich kenne sie alle, die guten Cafés in Innsbruck, aber wenn ich alleine unterwegs bin, dann gibt es normalerweise einen Kaffee to go oder einen schnellen Cappuccino im Stehen. Ganz angestrengt habe ich zurück gedacht, ob ich in Innsbruck schon jemals alleine einen Kaffee trinken gegangen bin und die Antwort war ein klares Nein. Sehr schade, denn ich liebe Kaffee und ich mag viele tolle Cafés in meiner Lieblingsstadt. Also hab ich beschlossen, mit mir selbst ins Crema, wo es meiner Meinung nach den besten Kaffee gibt, zu gehen und dort bewusst das Handy zur Seite zu legen und meine eigenen Gesellschaft zu genießen.
Was soll ich sagen, das werde ich in Zukunft definitiv häufiger machen. Aus dem einen Kaffee wurden dann zwei und insgesamt saß ich fast eine Stunde dort, hab ein bisschen in meinem Planer geschrieben und den Leuten in der Umgebung zugesehen. Das war eine sehr entschleunigte Stunde und ein schönes Date mit mir selbst. In Wien mache ich das ständig, ab jetzt wohl zuhause auch.
Das waren sie also, die drei Dates mit mir selbst. Alle drei Aktivitäten waren zuerst mit ein wenig Angst behaftet, nicht weil ich befürchtet hatte, dass ich alleine keinen Spaß haben kann, sondern weil ich mir viele Gedanken gemacht hatte, was wohl andere Leute denken werden, wenn sie mich alleine sehen. Die sehr erfrischende Erkenntnis ist, dass mein eigenes Tun praktisch niemanden interessiert, sich die Szenarien nur in meinem Kopf abspielen und dass es, sollte sich wirklich jemand eine Meinung bilden, absolut und hundertprozentig egal ist. Ich werde die Dates mit mir selbst mit Sicherheit weiter zelebrieren und mich in Zukunft noch mehr aus meiner Komfortzone bewegen.
Das Schöne ist, dass diese Thematik zum Glück normaler wird! :-) Und wenn man dann Menschen trifft, denen es zu Beginn genau so ging, fühlt man sich angefeuert dies auch weiterhin als neue Normalität hinzunehmen. :-) Danke für's Anfeuern! 😘☺️ Deine Dauer-Single Ex-Flötenschülerin.