Ja, so schnell ist die erste Jahreshälfte von 2022 schon wieder um, 6 Monate sind wie im Eilflug vergangen und der Gedanke, dass die Tage schon wieder kürzer werden, bereitet mir Kopfschmerzen. An 2022 hatte ich ganz schön hohe Ansprüche gestellt, das muss ich mir selbst eingestehen und nach einem halben Jahr kommt die recht ernüchternde Erkenntnis, dass die Dinge in ihrem eigenen Tempo gehen und ich Veränderungen nicht erzwingen kann. Dennoch ist nicht alles so geblieben, wie es war und noch einiges steht am Plan für die kommenden Monate, in denen ich viel bewegen und abhaken möchte.
Hey 2022, so war das nicht ausgemacht!
Eigentlich kann ich mich selbst schon gar nicht mehr hören, wenn ich mir jedes Jahr erneut die Begegnung mit meiner großen Liebe wünsche. Es fühlt sich beinahe wie eine endlose Soap-Opera an, bei der ich am Ende lange mit verklärtem Blick und extra viel Weichzeichner in die Kamera starre, nur damit nach dem Cut das Spiel von vorne losgehen kann. Ich hatte erwartet, dass nach dem Strategiewechsel im Tinderspiel vielleicht doch ein toller Mann und eventuell sogar eine Beziehung in der Tür stehen würden. Der einzige Mann, der regelmäßig dort steht, ist mein Postbote und ich lächle ihn immer besonders nett an, weil er mir immerhin Päckchen bringt und verlässlich ist. Ansonsten herrscht eher tote Hose an der Männerfront und ich finde diesen Ausdruck besonders passend, weil es sich langsam echt wie eine Schlacht anfühlt. Ich bin mir nur nicht ganz sicher, ob ich auf der Seite der Erober:innen oder der Verlierer:innen stehe.
Außerdem ist es ganz schön frech, wie schnell die Zeit wieder vergangen ist. Ich habe gerade noch meinen Geburtstag gefeiert, die dicken Mäntel getragen und mich auf den Sommer gefreut und plötzlich ist es schon Juli und nach dem nächsten Wimpernschlag September und dann muss frau praktisch nur mehr einmal bis Weihnachten schlafen. Es geht mir alles zu schnell und ich weiß gar nicht, wie ich meine ganzen Vorhaben in diesem Jahr noch umsetzen soll. Wie kann es sein, dass sich Tage wie Stunden und Wochen wie Tage anfühlen, das war doch früher nicht so?
Es ist auch ziemlich gemein, dass ich nach wie vor schwere Stunden habe, mich hin und wieder einsam fühle und auch der Liebeskummer (es sind jetzt fast zwei Jahre!) immer wieder einmal vorbeischaut, mich abends wachliegen lässt, sich an den Enden meiner Synapsen festhält und mir besonders in PMS Zeiten den einen oder anderen Tag versaut. Und…eine gute Freundin hat sich Anfang des Jahres von mir verabschiedet, auch das hätte wirklich nicht sein müssen.
Aber…
Es waren bis jetzt auch ein paar richtig schöne Erlebnisse und Erfolge dabei. Ich hab großartige Kurzreisen gemacht, nette Abende mit den besten Menschlein verbracht und mich sehr gut um mich selbst gekümmert. In meinem Beruf fühl ich mich im Moment pudelwohl und mit meinen Fortschritten in der Therapie bin ich mehr als glücklich.
Ich hab in vielen guten Restaurants gegessen, unzählige Gläser perfekten Weißwein getrunken, endlich wieder getanzt, schöne Theaterstücke gesehen und tolle Konzerte besucht. Covid hatte praktisch keinen Platz mehr in meinem Alltag und meine Überforderung mit der Gesamtsituation der letzten zwei Jahren hat sich zum Glück auch wieder gelegt.
Any Regrets?
Hätte ich einiges anders machen können? Ja! Hätte es etwas an dem Ist-Zustand geändert? Vermutlich nicht! Die Abende, an denen ich es mir manchmal schwerer mache als ich müsste, bereue ich ein wenig. Letzte Woche war zum Beispiel ein fieser Samstag, an dem ich schon vor dem Frühstück dieses unruhige Gefühl im Bauch hatte, mich zu nichts motivieren konnte und mich einsam fühlte. Vor dem Abend alleine zuhause (ja, verpasst, etwas auszumachen) hatte ich massiv Angst, also hab ich mit etwas Überwindung meine Eltern angerufen und gefragt, ob ich mit zum Italiener gehen darf. Das war auf der einen Seite schwer, weil ich mich nicht aufdrängen wollte und das Gefühl hatte, es selbst schaffen zu müssen, aber auf der anderen Seite ein super schöner Abend und eine Bestätigung, dass ich nicht jede Hürde alleine nehmen muss.
Ich bereue auch, dass ich mir in so vielen Stunden endlose Gedanken über die Zukunft gemacht habe, besonders über die romantische, und ich würde diese graue Wolke über mir, die mich immer wieder anregnet, weil ich „ihn“ noch nicht gefunden habe, gern durch extra viele Sonnenstrahlen verpuffen lassen. Manchmal hasse ich meine Gedanken und es macht mich selbst traurig, dass sich ein Teil von mir immer noch darüber definiert, ob ich als Paar oder Single durchs Leben gehe.
Ansonsten muss ich sagen, hat schon alles so gepasst, wie es war. All die blöden Dates waren ein Lernprozess, die schweren Stunden ein Trauerprozess und die vielen Stunden mit Netflix eben ein Selfcare-Chill-Prozess. Was mir immer noch klarer wird, ist, dass Zeit mit Menschen, die mir am Herzen liegen, immer wichtiger ist als jedes unbeantwortete Email, jeder ungesaugte Boden und jedes gecancelte Workout. Keine Minute möchte ich von den lustigen Abenden, den nachmittäglichen Kaffeehaussessions oder sonstigen Abenteuern missen.
Und die Pläne?
Die sind verdammt groß und vielleicht erneut mit ein bisschen überhöhten Erwartungen vollgestopft. Meine Sommerferien stehen praktisch in den Startlöchern und obwohl 9 Wochen unverschämt lange klingen, weiß ich jetzt schon, dass es viel zu schnell September sein wird. Kurz und sehr überspitzt gesagt, möchte ich den Sommer meines Lebens verbringen. Im Idealfall wird ein Tag schöner als der andere, meine Seele ist nur am Baumeln und mein Endorphinlevel schießt regelmäßig durch die Decke.
Ich möchte mindestens drei Gipfel besteigen, in ebensoviele Seen meine Zehen halten, den Sonnenaufgang von verschiedenen Standpunkten aus sehen und mich in all meinen Lieblingslokalen morgens wie auch abends durch die Karte testen. Ich wünsche mir lange Spaziergänge in der Abendsonne, kühle Morgenläufe mit Podcast im Ohr, durchtanzte Nächte und gechillte Tage in der Sonne. Aber ich möchte auch ein paar Dinge erledigen, die schon seit Monaten auf der Liste stehen wie etwa den Schmuck reinigen lassen, die Dateien sortieren, den Lebenslauf aktualisieren etc. Am schönsten wäre es, mit einem Gefühl von „fertig und alles erledigt“ in den Herbst zu starten, das hatte ich schon lange nicht mehr, vermutlich noch nie.
Wie absolut großartig wäre es, an diesen Sommer zurückzudenken und noch wochenlang von ihm zehren zu können, weil ich mir selbst die allertollste Zeit bereitet habe.
Freizeit zu planen wird gefühlt mit jedem Jahr anstrengender und die Erwartungen werden immer höher. Früher hab ich einfach so in die Tage hineingelebt, heute möchte ich immer das Beste draus machen und die beste Version von mir selbst sein. Das ist mühsam und kräfteraubend zu gleich. Auch wenn es schön ist, Pläne zu haben, genauso schön ist es, Leerzeiten zu integrieren und die Dinge geschehen zu lassen – ich bin gerade dabei eine Balance zu finden. Ich hoffe, ihr findet eure auch!
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