Was soll ich sagen, ich habe das Rad nicht neu erfunden, Blogs scheinen ohnehin auf der Kippe zu stehen und Videoportale wie TikTok und Co. sind im Moment der Weg zum Erfolg. Die neue Generation, jene, die mit den sozialen Medien aufgewachsen ist, will nicht mehr lesen sondern schauen, unterhalten werden und das einfach- und schnellstmöglich. Wieso also ein weiterer Blog? Ich hab mich umgesehen, es gibt verdammt viele: Food-Blogs, Reise-Blogs, Politik-Blog, Mama-Blogs und natürlich allen voran die Lifestyle-Blogs. Vor zehn Jahren wäre die richtige Zeit gewesen einen Blog zu starten, aber da war ich gerade einmal zwanzig und weit davon entfernt, irgendwas im Leben verstanden zu haben. Jetzt, im dritten Jahrzehnt meines Lebens, bin ich ein Stückchen weiter, zugleich fühle ich mich aber alleine wie nie mit den Themen, die mich beschäftigen.
Ich habe gebloggt, bevor es Blogs gab...
Während meiner Studienzeit hatte ich immer einen analogen Kalender, besonders wichtig war damals (ist es auch heute noch), dass die ganze Woche auf einer Seite stand und auf der anderen Seite viel Platz für Gedanken und Ideen war. Am Ende einer jeden Woche habe ich reflektiert, Gefühle aufgeschrieben oder Tipps & Ratschläge für mich selbst notiert und am Ende des Jahres bin ich dann alle Seiten durchgegangen und habe die wichtigsten, schönsten und nützlichsten Einträge in einem anderen Journal niedergeschrieben. Die Begeisterung Dinge, die mich beschäftigen und die ich gelernt habe, niederzuschreiben, war also schon immer da, gelesen habe ich Blogs hingegen nicht. Es zieht sich durch meine Lebensgeschichte – late to the game. Nach wie vor lese ich kaum Blogs, ich lese aber gerne Kolumnen und Berichte in Magazinen und gäbe es eine österreichische Carrie Bradshaw, ich wäre ihre treuste Leserin. Diese Erkenntnis gab mir zu denken und ich konnte mein fehlendes Interesse an Blogs auf einen simplen Umstand zurückführen, ich finde kaum welche, die über meine Lebenswelt und in meiner Alterskategorie schreiben.
Bloggen in den Dreißigern, wenn Frauen nur offener über alles reden würden!
Klar, viele Mama-Blogs sind von Frauen über dreißig, auch Koch- und Backblogs habe ich genügend gefunden, aber ich habe weder Kinder noch will ich über gedeckten Apfelkuchen lesen, ich möchte Erfahrungen austauschen, die schönen und schlechten Seiten dieses spannenden Jahrzehnts beleuchten und vor allem meinen Alters- und Weggenossinnen hier eine Plattform anbieten, die sich nach Mehrwert, Akzeptanz und Gemeinschaft anfühlt. Es gibt so viele Situationen, in denen ich mir alleine mit meinen Gefühlen vorkomme, aber immer wenn ich meine Gedanken dann mit engen Freundinnen teile, stoße ich auf Resonanz und ganz oft fallen die Worte "würden Frauen nur mehr darüber reden". Ganz genau, würden wir nur mehr darüber reden und lesen, wie es ist, nach dem Studium in ein Loch zu fallen, nicht zu wissen, wohin die Reise gehen soll, zu bemerken, wo die eigenen Baustellen sind und wie schwer es ist, dort genauer hinzuschauen, zu sehen, wie Freundinnen heiraten und Kinder bekommen, während man sich selbst gerade getrennt hat, sich einzugestehen, dass nicht alle Entscheidungen immer gut waren und dass manches nicht revidierbar ist, zu spüren, dass einem die Zeit zwischen den Fingern zerrinnt und Familienplanung nun auch eine Frage des Alters ist, und zuzugeben, dass man auf viele Dinge, an denen man sich in den Zwanzigern erfreute, sehr gut verzichten kann.
Wie weit bist du eigentlich schon?
Es ist schon ein gemeines Jahrzehnt, dieses dritte. Seit der Dreier voran steht, habe ich das Gefühl, dass die Welt von mir erwartet, dass alles geregelt und in die richtigen Bahnen geleitet ist. Was willst du vom Leben, mit wem willst du es verbringen, wohin soll die Reise gehen und wie wirst du das alles machen? In meinen Zwanzigern war ich von Euphemismen umgeben, gerade keinen Job zu haben, bedeutete viel Zeit für Reisen, keine Beziehung zu haben, war gleich Unabhängigkeit und keinen Plan von der Zukunft zu haben, hielt mir alle Türen offen. Es wird sich alles zeigen, sehr oft habe ich dieses Mantra gehört und mir auch vorgesagt, Druck habe ich kaum verspürt, schließlich sind die Zwanziger da, um sich auszuprobieren, sich zu verlieren und wiederzufinden. Surprise, Surprise...nach der großen Geburtstagsfeier hat sich nichts geändert, nur dass allmählich dieser unglaubliche Druck zu spüren war, dass langsam aber sicher alles "geregelt" sein sollte. Ich habe einen sicheren Job, eine tolle Familie und wunderschöne Freundschaften, dennoch bin ich unsicher wie nie, fühl mich fehl am Platz und alleine mit meinen Problemchen, die manchmal so groß erscheinen.
Voilà, ein Blog.
Also begann ich zu schreiben, hatte Spaß und stellte diedreißigerin zusammen, in vielen Stunden und mit einigen fuck off Momenten, aber am Ende hatte ich eine schöne Seite mit einigen Beiträgen, unveröffentlicht. Denn ein Gedanke hat sich wieder eingeschlichen und sich von Tag zu Tag mehr Platz verschafft, was werden die anderen denken? Was, wenn die Beiträge schlecht sind, die Themen irrelevant und am schlimmsten, wie wird mich das ganze dastehen lassen. Gute drei Monate habe ich mit mir gerungen, ganz komfortable bin ich immer noch nicht damit, dass ich mich und meine Gedanken teile, aber ich hoffe darauf, dass ich hier nicht alleine bleibe. Dass dieser Blog auch dir, liebe Dreißigerin, einen Mehrwert bietet, du dich in manchen Beiträgen erkennst, die Seite mit einem Schmunzeln verlässt und wir uns gemeinsam weniger einsam fühlen.
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