Meine zweite Reise diesen Sommer hat mich nach Málaga geführt, alleine und mit zwei Yoga Outfits im Gepäck. Ich habe mir eine Woche Retreat gegönnt im schönen Spanien, wollte abschalten, auf Reset drücken und wie neu geboren zurückkehren. Wie ihr im vorigen Beitrag gelesen habt, waren es nicht ganz einfache Wochen in letzter Zeit, meine Akkus waren trotz Ferien nur mäßig gefüllt und meine Stressresistenz eher am unteren Ende. Die Ansprüche an diesen Urlaub waren hoch, ich wollte die beste Zeit für mich selbst, mir ordentlich gönnen, wachsen und über meine eigenen Grenzen hinauswachsen. Tja, mein Körper war anderer Meinung und hat mich recht schnell auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt – schön war’s trotzdem.
Hürden, Yoga und fremde Menschen
Eigentlich will ich schon seit Jahren ein Yogaretreat machen, irgendwie kam aber immer etwas dazwischen (unter anderem die Unentschlossenheit, eines zu buchen). Heuer musste es sein, ich hab frühzeitig geschaut und mit mulmigem Gefühl auf „Bestätigung“ geklickt, zu viel nachdenken durfte ich nicht, im Endeffekt ist alles, was mit Yoga zu tun hat, gerade mega gehyped und dementsprechend maßlos (!!!) überteuert. Aber gut, ich hab’s mit meinem altbekannten „kein Mann, keine Kinder & kein Haus“ gerechtfertigt und diesen Sommer die Kreditkarte glühen lassen. Mir ist vollends bewusst, wie privilegiert es ist, zweimal im Sommer wegzufahren, solange ich keine großen finanziellen Verpflichtungen habe, möchte ich das auskosten und bin sehr dankbar dafür.
Die Reisegöttin war dieses Mal nicht wirklich auf meiner Seite, eine Stunde vor Abflug wurde mein Flug gecancelt, im Endeffekt wurde jeder meiner vier Flüge einmal gecancelt und umgebucht. Ich kam also verspätet und, neben zwei anderen, als letzte in der Casa, in der schon alle gemütlich am Pool chillten und sich unterhielten, an – Horrorszenario. Zwanzig fremde Menschen gepaart mit Angst vor großen Gruppen und der Überzeugung, dass ich generell schwer Anschluss finde, waren zu Beginn eine Herausforderung, aber die Bubble hat sich schnell gebildet und bereits an Tag 2 fühlte sich alles schon sehr vertraut an. Ich hab wirklich coole Frauen getroffen, alle waren ausnahmslos sehr offen, wohlwollend und vor allem entspannt unter dem Motto „Yogis Choice“. Hier musste sich niemand anpassen oder dem Gruppendruck hingeben, gemacht wurde, was sich richtig anfühlt.
Stress und seine Tücken…
Aber der Stress ist ein Luder und bereits am Abflugstag hab ich gespürt, dass sich eine Erkältung anbahnt, die sich leider in richtig böse Halsschmerzen, geschwollene Lymphknoten, Fieber und entzündete Ohren entwickelte. Das war fies und Mitte der Woche musste ich mir selbst eingestehen, dass ich beim Morgenyoga nicht mitmachen kann und dringend einen Arzt und Antibiotikum brauche. Leider ist es oft so, dass ich nach stressigen Phasen kränklich werde, dass es mich so hart trifft in der Woche, die so viel hätte sein sollen, war extra ungerecht und hat zu vielen Tränen geführt.
Ich musste es langsamer angehen, abends schlafen anstatt Wein zu trinken, am Pool bleiben anstatt zum Meer zu gehen und den Hike, auf den ich mich sehr gefreut hatte, ausfallen lassen. Das war bitter, weil ich es zum einen sehr gewohnt bin, zu funktionieren und zum anderen sehr schwer damit umgehen kann, wenn mein Körper streikt und mich in die Schranken weist. Aber ich hab auf ihn gehört und nicht zwanghaft alles durchgezogen, um mir selbst etwas zu beweisen, sondern mich umsorgt und einen Gang runter geschalten.
Let it go!
Mit der vielen Zeit, dem Stillstand und den Meditationen kamen so einige Gefühle hoch. Unsere Lehrerin wollte, dass wir uns eine Intention für die Woche setzen, meine war es loszulassen. Ich wollte meine kindlichen Muster, den alten Schmerz und vor allem die Trauer über meine letzte Beziehung hinter mir lassen. Bei vielen Shavasanas liefen mir die Tränen übers Gesicht, bei der Abschlusszeremonie und dem Tanzen unter dem schönen Sternenhimmel hat sich auch so einiges gelöst, ich weine viel, noch immer.
Yoga ist eine wunderschöne Möglichkeit, um sich selbst wieder mehr zu spüren, den Atem wahrzunehmen und die Gedanken zu sortieren. Besonders die Einheit am Morgen mit den ersten Sonnenstrahlen und der Stille waren Balsam für die Seele. Ich war zu Beginn ungelenkig wie nie, alles fühlte sich hart und steif an. Stück für Stück konnte ich nicht nur die Gedanken, sondern auch die Anspannung in meinem Körper loslassen, mich wieder ein bisschen weicher, femininer und verletzlicher fühlen. Hoffentlich kann ich mir ein Stück davon auch zuhause behalten und daran arbeiten, dass die Fassade nicht immer perfekt und ich nicht immer stark sein muss.
Ich und ich – mein Lieblingsdate!
So schnell war sie auch wieder vorbei, die Woche am Meer gefüllt mit Yoga, lieben Menschen und leckeren veganen Gerichten. Die letzte Nacht meines Trips hatte ich direkt in der Stadt geplant, dort wollte ich alleine die Woche ausklingen lassen, bevor es wieder nach Hause geht. Mehrere Yogis hatten die gleiche Idee, ich fand mich in einer Fünfergruppe wieder. Bereits am Nachmittag habe ich mich abgeseilt und alleine die Stadt erkundet, ich liebe es durch die Gassen zu schlendern und meinem eigenen Tempo zu folgen. Abends haben wir uns zu einer Walking Tour wiedergetroffen und anschließend sollte es gemeinsam in ein Restaurant gehen. Mein Plan war ein anderer, aber ich wollte nicht die Außenseiterin sein und hab mich der Gruppendynamik gefügt.
Im Endeffekt hatten wir nicht die gleichen Restaurantvorstellungen und als ich mich in einer lauten Straße mit vielen Menschen, grellem Licht und Speisekarten mit Bildern wiederfand, beschloss ich mutig zu sein und meinem Bedürfnis zu folgen. Kurz und schmerzlos verabschiedet, mit breitem Lächeln in das süße Restaurant in der Seitengasse mit Blick auf die Kathedrale marschiert und alleine Platz genommen. Bereits beim frischen Brot mit Öl und Salz hat sich ein vollkommenes Glücksgefühl eingestellt, der perfekt gebratene Wolfsbarsch mit Gemüse und dazu kalter Weißwein waren dann das Tüpfelchen auf dem i. Fast zwei Stunden bin ich dort gesessen, hab die Leute beobachtet, mein Abendessen zelebriert und vor allem die Zeit mit mir und für mich sehr genossen – ein sexy Date mit mir selbst. Noch vor nicht allzu langer Zeit hätte ich einen Imbiss oder Fast Food gewählt, aufgehübscht alleine in ein schickes Restaurant zu gehen war undenkbar, aber inzwischen genieße ich solche Abende sehr, ich bin stolz, dass ich meine Standards auch für mich alleine einfordere und ich nehme die Blicke, die mich als alleinsitzende Frau mit Wein treffen, dankend an – ich hab sie mir hart erarbeitet.
Wenn du noch nie alleine gereist bist, kann ich dir eine Retreatwoche wärmstens empfehlen. Es ist denkbar einfach Anschluss zu finden, alle sind mega entspannt und mit vielen Gleichgesinnten ist die Stimmung sofort gut. Aber ich kann es dir auch sehr ans Herz legen, ohne Gruppe alleine zu reisen, es bedarf vielleicht anfangs ein wenig Übung, aber es lohnt sich, die eigenen Grenzen auszuweiten. Niemand muss zuhause sitzen, weil ein:e Partner:in fehlt, dafür ist deine Zeit wirklich zu wertvoll.
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