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Wieder als Single auf einer Hochzeit!

Tja, mein kleiner Bruder hat vor zwei Wochen geheiratet. Hatte ich ein mulmiges Gefühl und ein bisschen Angst vor diesem Tag? Jupp! Hat er vieles wieder an die Oberfläche gespült und mich in eine mittelschwere Lebenskrise gestürzt? Ebenfalls ja! War es eine richtig schöne Feier und hab ich mich unendlich für ihn und seine kleine Familie gefreut? Zu hundert Prozent! Ich war also wieder einmal als Single auf einer Hochzeit und hab mich, so möchte ich selbst behaupten, tapfer geschlagen. Der Monat Mai hatte es insgesamt in sich, wie schön, dass endlich Juni ist und die warmen Temperaturen die frostigen Gedanken zum Schmelzen bringen. Was sonst noch um diese Hochzeit passiert ist, erzähle ich euch in den kommenden Zeilen!

 

1 Hochzeit und 4 Hindernisse

Puh, der Mai hat uns alle ein bisschen an die Grenzen gebracht. Eigentlich hätte ich mit Möbel aufstellen, Wände streichen und Kästen einräumen beschäftigt sein sollen, ich wollte nämlich am Sonntag nach der Hochzeit mein Eigenheim beziehen, aber das Leben hatte wie so oft andere Pläne und uns als Familie auf die Probe gestellt. Anfang Mai kam ich aus England zurück, nachdem ich dort 10 anstrengende aber auch sehr nette Tage mit meiner Klasse verbracht hatte. Bereits auf der Insel kam die Nachricht von meinen Eltern, dass sich unser Kater zweifach die Pfote gebrochen hat, operiert werden musste und acht Wochen Schonung verordnet wurden. Nur um klarzustellen, dieser Kater ist ein vollwertiges Familienmitglied und als ich ihn in seinem Käfig (damit er nicht herumläuft) mit dem Gipsfuß gesehen habe, musste ich erstmal ordentlich weinen.



Zwei Wochen lang hab ich neben seinem Käfig auf einer Matratze im Wintergarten geschlafen, ihn nachts getröstet, wenn er gejault hat und mich um mein Baby gekümmert. Unser Leben dreht sich seitdem um das Wohlergehen unseres Vierbeiners, bis er endlich wieder alleine raus darf. Zeitgleich musste mein Papa ins Krankenhaus, um nach einer OP die Strahlentherapie zu absolvieren. Ebenfalls zur gleichen Zeit (wir sind zeitlich zirka eine Woche vor der Hochzeit) hatte ich eine Bomben-Nebenhöhlenentzündung und bei meinem Bruder wurde eine leichte Herzmuskelentzündung diagnostiziert. Alle krank bis auf Mama und in meiner neuen Wohnung stand natürlich alles still.



Ich bin alleine hier!

Glück im in Unglück, bis zur Hochzeit waren alle mehr oder weniger fit und so haben wir diesen aufregenden Tag zu viert im Elternhaus gestartet. Die standesamtliche Trauung war kurz und knackig, die Agape auf der Terrasse mit italienischer Antipasti ein Träumchen und die freie Trauung in einer Scheune sehr emotional und schön. Danach wurde gefeiert, soweit das mit einem neun Monate alten Baby eben funktioniert, und wir ließen das Brautpaar hochleben.


Und klar, ich war alleine dort, im Kreis meiner Familie keine Frage, aber ohne Begleitung. Single auf der Hochzeit meines jüngeren Bruders – das muss frau erst einmal sacken lassen. Am Tag selbst halb so schlimm, weil ich mich als Tante und Schwester viel um meine Nichte und einen reibungslosen Ablauf gekümmert habe, aber bei Kaffee und Kuchen zwischen den ganzen Paaren (die jünger als ich waren!) zu stehen, hat dann doch ein bisschen mein Nervenkostüm strapaziert. Als ich nach Mitternacht ins Bett ging, war ich stolz auf mich, dass ich den Tag gut gemeistert hatte, aber das Tolle an bösen Gedanken ist bekanntlich, dass sie auch Tage später noch ihren Weg ins Bewusstsein finden.




Hätt ich, wär ich, tät ich!

So hatte ich in Kombination mit PMS in den Tagen nach der Hochzeit ein paar richtig dunkle Stunden. Das altbekannte Rad hat sich in Dauerschleife gedreht und mir die immer gleichen Vorwürfe und Fragen vor den Kopf geklatscht. Warum schaffen es alle anderen, nur ich nicht? Was läuft falsch bei mir? Ich werde nie jemanden finden! Was haben sich alle gedacht? Wie bemitleidenswert und jämmerlich ist mein Leben mit Mitte 30 bitte?


Nun, rein kognitiv weiß ich, dass ich ein schönes Leben habe und sich manche Dinge eben nicht steuern lassen. Ich weiß auch, dass es keine definierte Timeline und es viele verschiedene Versionen eines tollen Lebens gibt – ich, gerade ich predige das immer. Aber das Gefühl war eben ein anderes und das limbische System ist manchmal ein richtiges Arschloch. Ich hatte körperliche Reaktionen, Herzrasen und Albträume, es hat einige Tage und viele Gespräche mit mir selbst, meiner Psychologin und meiner besten Freundin gedauert, bis ich mich beruhigt habe.



Ich spüre den Druck, alle wünschen es sich so für mich, dass ich einen tollen Partner finde. Das Alter macht es nicht gerade leichter und ich würde lügen, wenn ich sage, dass im Herbst nicht ein kleiner Funken Hoffnung bestanden hat, diese Hochzeit mit einer bestimmten Person zu besuchen. Und ganz ehrlich, Hochzeiten als Single sind schon eine harte Nummer. Das ist wie eine trockene Alkoholikerin in die Bar zu stellen – kann frau, muss sie aber nicht machen. Daher gilt es gut auf die eigenen Bedürfnisse zu horchen und im Ernstfall auch einfach zu gehen.   

 

Es ist und bleibt eine schwere Situation, wenn Freund:innen heiraten und frau selbst gerade mit sozialen Erwartungen und alten Rollenbildern zu kämpfen hat. Ich hab selbst noch keine Lösung gefunden und im Herbst steht bereits die nächste Hochzeit vor der Tür, eine Freundin heiratet. Ich möchte sie an ihrem besonderen Tag unterstützen und mit ihr feiern, aber ich weiß auch, dass es schwer werden wird.


Zwei Wochen danach sieht die Welt schon wieder ganz anders aus. Meine Wohnung ist so gut wie fertig, der Sommer steht vor der Tür und langsam kann ich sie wieder spüren, die Freude an meiner Freiheit. Übrigens, meine Mama hat seit einer Woche eine Gipshand, wenn’s kommt, dann ordentlich. :)

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